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Suchtentwicklung
und Suchtverhalten von Frauen unterscheidet sich wesentlich von
dem der Männer. Das psychosoziale Ursachengefüge ist eng
verknüpft mit den spezifischen Lebensbedingungen von Frauen
in unserer Gesellschaft sowie besonderen Rollenerwartungen und Bewertungen,
mit denen sich Frauen konfrontiert sehen. Zur Bewältigung vergangener
oder gegenwärtiger Mißbrauchserfahrung sowie einer Sozialisation,
die sich häufig durch Anpassung und Verleugnen eigener Bedürfnisse
auszeichnet, machen spezifische Angebote für suchtgefährdete
und abhängige Frauen notwendig. Weitere Angebote richten sich
an Angehörige und Multiplikatoren.
Die
Beratung erfolgt durch Mitarbeiterinnen, die besondere Erfahrung
in der frauenspezifischen Arbeit haben.
Das
frauenspezifische Angebot ist entsprechend der Vielfalt der Problematiken
und Komplexität der Suchterkrankung differenziert, es umfaßt:
Beratung
Erste unverbindliche Kontaktaufnahme und Informationsmöglichkeit,
Klärung der Situation, Motivationsklärung, Krisenintervention.
Einzelgespräche sowie Paar- und Familiengespräche. Für
Erstgespräche findet einmal pro Woche eine Sprechstunde statt.
Dadurch ist gewährleistet, daß ratsuchende Frauen und
Mädchen in der Regel innerhalb einer Woche ein Beratungsgespräch
bekommen.
Betreuung und Therapievermittlung
Unterstützung und Begleitung zur Stabilisierung, zur Orientierung,
zur Abklärung der persönlichen Problematik, zur Erarbeitung
von kurz- und mittelfristigen Perspektiven und Lösungsansätzen.
Motivationsarbeit fällt in diesen Bereich und auf Wunsch Vermittlung
in und Vorbereitung von stationären und ambulanten Therapien.
Längerfristige psychosoziale Betreuung wird auch von substituierten
Frauen genützt und von Müttern mit kleinen Kindern, die
aufgrund der Vielschichtigkeit und der Fülle ihrer Schwierigkeiten
Zeit brauchen, um für sich herauszufinden, welche Schritte
sie als nächstes machen.
Ambulante
Therapie
Die frauenspezifische ambulante Suchttherapie im TAL 19 AM HARRAS wird
für Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängige von allen
Rentenversicherungsträgern und den gesetzlichen Krankenkassen
voll finanziert. Sie wird in Form von wöchentlichen Gruppensitzungen
und ergänzenden 14-tägigen Einzelsitzungen durchgeführt.
Wir arbeiten mit einem integrativen Therapieansatz. Unsere MitarbeiterInnen
sind in verschiedenen Methoden der Humanistischen Psychologie ausgebildet
und bringen diese in die therapeutische Arbeit ein: Gestalttherapie,
Focusing, Klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie, Sozialtherapeutisches
Rollenspiel, Gruppendynamik. In der Frauenberatungsstelle wird frauenspezifischen
Problemen Rechnung getragen. Ein eigener Krisendienst ermöglicht
es Ihnen, rund um die Uhr eine/n GesprächspartnerIn anzutreffen.
Nachsorge
Im Rahmen der ambulanten Weiterbehandlung nach einer abgeschlossenen
stationären Entwöhnungstherapie gibt es eine wöchentliche
therapeutische Nachsorgegruppe für etwa 10 Frauen. Die regelmäßige,
verbindliche Teilnahme erstreckt sich i.d.R. über einen Zeitraum
von einem Jahr und wird von den Sozialversicherungsträgern
voll finanziert. Daneben finden Angehörigengespräche und
-seminare statt.
Kinderbetreuung
Auf Wunsch bieten wir unseren Klientinnen während des Beratungsgesprächs
die Möglichkeit der Kinderbetreuung. Diese findet entweder
in den eigenen Räumen oder im nahegelegenen "Münchner
Kindl" statt.
Ehrenamtlichenarbeit
Die Betreuung der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen der SuchtHotline
gehört mit zu den Aufgaben der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen
der Frauenberatungsstelle. Dies umfaßt insbesondere die Aus-
und Fortbildung unter geschlechtsspezifischen Aspekten sowie die
Supervision.
Erfahrungsbericht
einer Teilnehmerin der Frauen-Nachsorgegruppe
Julia O. (Name geändert) berichtet: "Seit einiger
Zeit gehe ich nun schon regelmäßig in die Gruppe. Ich
versuche mich auf alle meine Aufgaben, so klein sie auch sind (auch
auf das Schreiben dieses Textes) zu konzentrieren. Konzentration
ist etwas sehr Wichtiges geworden. Eines der Dinge, die ich in meiner
viermonatigen stationären Therapie, aber insbesondere in den
vergangenen Monaten, wirklich erst begreifen und mühselig lernen
mußte. Was ist mir, was ist für mich wichtig? Was tut
mir gut? Wo will ich hin? Was und wie kann ich es selbst erreichen?
Das Wichtigste war jedoch: Wie verflechte ich diese Gedanken und
Wünsche in einem gesunden Austausch und Miteinander mit meiner
Umwelt, Freunden und Familie? Es klingt so einfach, aber es kostete
und kostet mich auch heute noch sehr viel Kraft und Überwindung.
Ich kam ca. 4 Wochen nach der Therapie in die Gruppe, aber ich empfand
mich nicht als Teil von ihr. Ich wollte es nicht wahr haben, daß
ich nicht einfach wie früher weiter leben konnte. Was brauche
ich eine Gruppe (so dachte ich), habe ich doch die Therapie erfolgreich
überstanden? Jedoch der Alltag war brutal. Das Leben nach der
Therapie wieder aufzunehmen, alleine weiter zu machen und das Gelernte
und Gehörte in den Alltag zu integrieren war manchmal so schwer,
daß ich oft resigniert war und an Kapitulation dachte. Ich
hatte zwei Rückfälle. Ich sprach in der Gruppe darüber,
aber irgendwie gab es mir nichts. Ich saß da einfach nur drin,
ließ die Zeit an mir vorübergehen, tat, was man von mir
verlangte und brachte mich ein, wenn es nötig war. Ich konnte
keinen Sinn für mich erkennen, ich wollte keinen Sinn erkennen.
So ignorant, wie ich in der Gruppe saß, so war auch meine
Einstellung sonst im Leben. Heute weiß ich, warum ich die
Rückfälle hatte. Mir ist klar geworden, wie wichtig es
für mich ist, mich auf Menschen, Dinge und mich selbst einzulassen.
Der Austausch mit den anderen Frauen ist mir wichtig geworden. Das
schöne dabei ist: Oft stelle ich erst im Gespräch fest,
wie klein die Dinge eigentlich sind. Sie relativieren sich, einfach
so, in dieser Frauenrunde. Ich habe es schätzen gelernt, daß
ich die Anregungen der anderen Frauen jetzt annehmen kann. Ich freue
mich, daß ich nach all dem Hadern und Zweifeln Frieden in
mir gefunden habe. Und dieser Frieden ist mir sehr wichtig, mag
kommen was mag!"
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